Von Tränen und Authentizität
Ich habe keinen grünen Daumen. Hier verdursten auch schon mal die Kakteen.
Umso glücklicher war ich über die herrlichen Buntnesseln, die vor dem Haus in einem Kübel wuchsen. Ich war richtiggehend stolz.
Ich hatte die kleinen Pflänzchen von ein paar Wochen von meiner Mutter bekommen, sie selbst eingepflanzt und auch nur ganz selten vergessen ihnen Wasser zu geben. Mittlerweile war aus den beiden kleinen Pflänzchen ein richtig schöner kräftiger Busch in leuchtenden Farben geworden.
Gestern bemerkt meine Mutter noch wie schön der Kübel vor dem Haus geworden sei.
Und dann kam heute.
Ich war mit den drei Jungs im Garten. Es wurde geschaukelt, gehüpft und gerutscht. Alles ohne großes Geschrei oder außergewöhnliche Streiereien.
Doch plötzlich wie aus dem Nichts rannte der Kuschelbär zu mir. „Mama, der Knuddelkäfer hat deine Blumen mit einem Stock kaputt gehauen.“
Ich sprang sofort auf und fand das:
Dieses Trauerspiel war von meinen wirklich wunderschönen Blumen übrig geblieben.
Ich war fassungslos. In meinem Gehirn regte sich für den Bruchteil einer Sekunde Wut über diese sinnlose Zerstörung und im nächsten Moment riss mich die Trauer fort. Mir kamen die Tränen. Der Kuschelbär lief sofort zu mir und drückte mich. Der Knuddelkäfer stand etwas ratlos daneben.
Ich musste mich erst mal setzen. Ja, es waren nur Blumen, aber diese Situation brachte das Fass zum Überlaufen. Wie oft schon haben die Kinder etwas, das ich mühsam aufgebaut, gehegt und gepflegt hatte, kaputt gemacht? Zerstört? Heute wollte und konnte ich nicht gefasst nach einer Lösung suchen, heute wollte ich einfach traurig sein. Traurig, weil meine hübschen Blumen vielleicht nie wieder so schön werden wie sie waren. Traurig, weil wieder etwas kaputt gegangen ist.
Ja, es sind nur Blumen und nichts Lebensnotweniges. Aber verdammt noch mal, wieso achten unsere Kinder oft nicht auf ihre und meine Dinge? Wieso geht bei uns gefühlt jeden Tag etwas kaputt? Oft sogar Sachen, die meine komplette Kindheit überstanden haben.
Da saß ich also. Der Knuddelkäfer wurde sich so langsam seiner Tat bewusst und kämpfte ebenfalls mit den Tränen. Der Knuffelhase drückte mich auf Kniehöhe und streichelte meinen Arm, während mich der Kuschelbär immer noch fest in seinen Armen hielt.
Als ich mich soweit gefasst hatte, schaute ich mir den Schaden genauer an. Der Knuddelkäfer bot mir an einen Blumenstrauß für mich zu pflücken, der sei vielleicht noch schöner als diese bunten „Brennnesseln“. Ich erklärte ihm, dass ein Blumenstrauß auch schön ist, ich aber keinen wollte. Viel mehr wäre es schön, wenn er mir hilft neue Pflänzchen zu ziehen, damit irgendwann wieder so ein schöner Busch vor unserem Haus wächst. Wir wuschen dann gemeinsam ein Glas aus, sammelten die abgebrochen Stängel und stellten sie ins Wasser.
Gemeinsam haben wir für Wiedergutmachung gesorgt und wer weiß, vielleicht wachsen in ein paar Wochen wieder so wunderschöne kräftige Blumen vor unserem Haus. Blumen, die wir gemeinsam aus den abgebrochen Stängeln gezogen haben und die wir auch gemeinsam einpflanzen werden. Blumen, die dem Knuddelkäfer mehr bedeuten werden und die er nicht achtlos kaputt machen wird.
Da hast du aber dennoch richtig toll reagiert. Ich kann deine Trauer, deine Wut und deine Gedanken so sehr nachvollziehen. Und ich denke, der Knuddelkäfer hat genau verstanden, dass das vielleicht nicht wiederholt werden sollte.
Liebe Grüße
Hallo Julie,
Er tat mir am Ende schon leid, weil er das von mir nicht gewohnt ist. Aber auch wir Eltern können nicht immer alle Gefühle im Griff haben und das müssen wir auch nicht.
Und ja, ich hoffe, dass er das nie wieder tut.
Viele Grüße
Mama Maus