Wie kann man mehreren Kindern gerecht werden?
Ich habe gestern Morgen einen Artikel von Julie von puddingklecks gelesen. Sie sprach darüber wie schwer es manchmal ist mehreren Kindern gerecht zu werden. Dieses Thema gibt es bei uns auch immer wieder, deshalb habe ich meine Gedanken dazu in diesem Blogpost zusammengefasst.
Viele Kinder – viele verschiedene Bedürfnisse
Wir haben vier Kinder. Vier unterschiedlich alte Kinder. Kinder mit unterschiedlichen Interessen und unterschiedlichen Charakteren. Jedes für sich ein kleines Unikat.
Jeder und jede von ihnen hat eigene Bedürfnisse. Manch einer kommuniziert sie offen, der andere eher versteckt. Der eine ist laut und fordernd, der nächste zieht sich zurück. Ich könnte diese Liste unendlich fortsetzen.
Jedem Kind gerecht zu werden, bedeutet deshalb für uns Eltern vor allen Dingen Bedürfnisse erkennen.
Was bedeutet mehreren Kindern gerecht zu werden?
Die wichtigste Erkenntnis an dieser Stelle ist, dass man seine Zeit niemals gerecht zwischen den Kindern aufteilen kann. Das ist unmöglich.
Die Bedürfnisse jedes Kindes sind so unterschiedlich.
Während das eine Kind eine kurze Kuscheleinheit benötigt um glücklich zu sein, ist es beim anderen eine Stunde Vorlesen, beim dritten ein ganzer Tag voll exklusiver Aufmerksamkeit und so weiter. Außerdem sind diese Bedürfnisse nicht jeden Tag gleich. Dem einen Kind reicht heute ein liebevolles Wort und morgen benötigt es stundenlange Zuwendung.
Leg die Stoppuhr weg!
Hast du das verinnerlicht, kannst du dein Augenmerk auf die wirklich wichtige Fragestellung lenken. Wie kann ich die Bedürfnisse meiner Kinder gerecht befriedigen? Den nur darauf kommt es an. Zeit ist nicht wichtig. Aufmerksamkeit und Bedürfnisbefriedigung sind nicht abhängig von der Stoppuhr.
Wie kannst du diese Erkenntnis im Alltag umsetzen?
1. Hör deinen Kindern zu!
Schenke jedem Kind Aufmerksamkeit, wenn es dir etwas erzählen möchte.
Das hört sich selbstverständlich an, aber wer mehrere Kinder hat, weiß wie schwer das manchmal ist. Das Baby schreit, das Kleinkind benötig Hilfe auf der Toilette und das Schulkind möchte im selben Moment sein Herz über einen Streit in der Schule besprechen.
Jedes Kind hat zur selben Zeit unterschiedliche Bedürfnisse. Das Aufschieben von Bedürfnissen wird zwar für Kinder mit jedem Lebensjahr leichter, aber das heißt nicht dass das Schulkind in dem Moment auch nur eine Minute warten kann.
Als Elternteil musst du an der Stelle priorisieren. Das geht leider nicht anders und hinterlässt oft ein Gefühl dem einzelnen Kind nicht gerecht geworden zu sein.
Mir helfen an der Stelle oft ungewöhnliche Lösungen. Das Baby kommt auf den Arm und das große Geschwister darf auf der Toilette von seinen Sorgen berichten.
Wenn das nicht möglich ist, sage ich ganz klar: „es tut mir leid, aber ich muss erst noch folgende Dinge […] erledigen, danach habe ich Zeit für dich. Bitte sage mir kurz worum es geht und wir besprechen es direkt im Anschluss.“
Die Kurzzusammenfassung ist wichtig, weil es ansonsten oft vorkommt, dass das Kind den Faden verloren hat und erst in einer Stunde wieder weiß, warum es mit mir sprechen wollte.
Anschließend nehme ich mir die Zeit und höre aufmerksam zu.
2. Nimm dir Zeit für jedes Kind!
Das muss nicht jeden Tag eine Stunde oder sogar ein ganzer Tag in der Woche sein.
Ich meine diese kleinen, aber feinen, Momente im Familienalltag in denen du deine komplette Aufmerksamkeit nur auf ein Kind lenkst.
Fünf Minuten, manchmal auch nur zwei, in denen du nur für ein Kind da bist.
Dabei geht es nicht darum sich an den Tisch zu setzen und das Kind zu fragen, ob es was auf dem Herzen hat. Es geht um die kurze Zeit beim Schneiden der Wurst fürs Essen. Es geht um das Vorlesen eines Bilderbuchs. Es geht um den Moment auf dem Sofa mit dem Kind auf dem Schoß.
In diesen Momenten hast du die Möglichkeit dein Kind zu spüren, seine Bedürfnisse zu erkennen.
Wenn es sich in deinem Alltag nicht einrichten lässt, weil das Baby zu fordernd oder das Kleinkind mitten in der Autonomiephase steckt, bietet es sich an einfach abends beim Ins-Bett-bringen jedes Kind nochmal einzeln zu fragen wie der Tag war. Die daraus entstehenden kurzen Gespräche helfen dir ebenfalls Bedürfnisse zu erkennen. Vielleicht hilft dir das den nächsten Tag zu planen.
3. Integriere die Bedürfnisse der Kinder in den Alltag!
Wenn du erkannt hast welche Bedürfnisse deine Kinder haben, geht es an die konkrete Umsetzung.
Dabei solltest du dich fragen, wie kann ich dieses Bedürfnis im Familienalltag befriedigen.
Wenn ein Kind gerne mehr kuscheln und ein Kind gerne vorgelesen bekommen möchte, wäre eine Idee es sich mit allen Kinder gemeinsam bequem zu machen. Das Kuschelkind bekommt den Rücken gestreichelt, während alle der Geschichte lauschen. Auf diese Weise profitiert nicht nur ein einzelnes Kind sondern die komplette Familie.
Ein Kind möchte gerne mehr Zeit haben um seine Gedanken zu teilen. Wie wäre es damit gemeinsam den Tisch zu decken und diese Zeit zum Reden zu nutzen. Die Zeit wird sowieso benötigt und vielleicht ist man zu zweit sogar schneller fertig. Das Kind wird diese Zeit genießen, auch wenn es von außen so aussieht, als ob nur Hausarbeit erledigt wurde.
Auf diese Weise lassen sich viele individuelle Bedürfnisse in knapper Zeit erfüllen.
4. Lass dich unterstützen!
Manchmal benötigt ein Kind mehr Aufmerksamkeit als der Alltag zulässt.
An der Stelle solltest du versuchen so gut es geht die Bedürfnisse zu erfüllen und gleichzeitig mit deinem Kind überlegen, was es sich zusätzlich wünscht und wie ihr das umsetzen könnt.
Somit weiß das Kind, dass seine Bedürfnisse gesehen werden und dass sie in naher Zukunft erfüllt werden. Das gemeinsame Planen von größeren Aktivitäten kann dabei schon mal ein paar Tage Bedürfnisaufschub überbrücken.
Damit du größere Bedürfnisse erfüllen kannst ist es manchmal notwendig die Kinder aufzuteilen. Entweder kann dein Partner die anderen Kinder übernehmen, während du dir exklusive Zeit mit einem Kind nimmst oder aber du vertraust auf einen anderen Babysitter.
Dabei habe ich jedoch die Erfahrung gemacht, dass du diese Zeiten zu Konflikten unter den Geschwistern führen können. Deshalb möchte ich empfehlen, dass die anderen Kinder auch etwas besonders Schönes in der Zeit machen, damit sich keiner benachteiligt fühlt.
Diese vier Punkte ermöglichen uns die Bedürfnisse der Kinder gut im Alltag zu befriedigen. Es ist nicht immer leicht und es benötigt oft auch etwas Organisationstalent, aber das haben wir Eltern sowieso. Und falls es mal nicht geklappt hat, hilft es zu überlegen wie es beim nächsten Mal besser laufen kann.
Solange wir das einzelne Kind nicht aus den Augen verlieren und jedem Kind Liebe schenken, schaffen wir es auch ihnen gerecht zu werden.
Dieser Beitrag ist mein Herzpost des Monats Januar gesammelt von Wiebke von verflixteralltag.
Vielen Dank für diesen Beitrag!
Auch wenn ich nur ein Kind habe, beschäftigt mich das Thema immer wieder, denn ich lebe ja nicht in einer Seifenblase und erlebe andere Familien in allen möglichen Konstellationen um mich herum.
Gerade der Punkt „leg die Stoppuhr weg“ kann nicht genug betont werden. Dazu eine kleine Geschichte: Eine Familie in unserem näheren Umfeld hat zwei Kinder. Man legt im Alltag größten Wert auf „Gerechtigkeit“, das wird oft betont. Als das große Kind in die Schule kam, war es abends früher müde und ging ins Bett. Das Kindergartenkind hüpfte noch quietschfidel herum und wollte mit seinem Vater kuscheln. Das unterband die Mutter, mit der Begründung, dass das dem Schulkind gegenüber ungerecht sei, weil es ja schlafe und somit nicht mitkuscheln könne. Sie war sehr stolz auf diese Maßnahme und erzählte mehrmals davon.
Dieses (wie ich finde) sehr extreme Beispiel zeigt sehr gut, dass eine Stoppuhr nicht weiterhilft: jedem Kind genau „sieben Gramm“ Kuscheln angedeihen zu lassen, ist (freundlich formuliert) Quatsch. Dem schlafenden Kind fehlt in dem Moment ja nichts, es schläft ja. Ihm geht nichts verloren, wenn sein Geschwister alle Kuscheleinheiten des Abends abgreift.
Das jüngere Kind hätte umgekehrt aber viel gewonnen.
Naja. Der langen Rede kurzer Sinn: Ein toller Beitrag mit sehr klugen Einsichten und Tipps.
Hoffentlich klappt es, dass wir uns irgendwann treffen. Ich würde eure Familie gern erleben. 🙂
Hallo Johanna,
Sieben Gramm Kuscheln, ja das passt wunderbar – auch wenn ich es, wie du, traurig für das Kind finde.
Im Gegenteil, wenn sie die Zeit abends für das Kindergartenkind genutzt hätten, dann hätten sie auch dem Schulkind geholfen, das dann zu einer anderen Zeit mehr Aufmerksamkeit bekommen hätte.
Es freut mich sehr, dass dir mein Text gefallen hat und ich würde dich und deine Familie auch unglaublich gerne kennenlernen.
Viele Grüße
Mama Maus
Vielen Dank auch von mir!
Ich finde alles, was du schreibst absolut toll und richtig. Ich habe nur zwei Kinder und da ist es sicher einfacher, aber so insgesamt machen wir es auch ziemlich genau so, wie du schreibst, um beiden gerecht zu werden.
Das heißt, dass nicht alles immer so läuft, wie wir uns das vorgestellt haben: Unsere Tochter will zum Beispiel jeden Abend vorm schlafen unbedingt noch mit ihren Schleich-Tieren spielen, sie scheint so den Tag zu verarbeiten. Oft lesen wir daher nur dem Kleinen vor, obwohl wir uns das alle zusammen vorgestellt hatten. Aber der Kleine hat so Exklusivzeit und die Grosse das, was ihr Bedürfnis ist.
ich glaube, keines der Kinder hat das Gefühl, zub kurz zu kommen. Und wenn doch, kann es das sagen und wir verändern etwas. Das halte ich auch für wichtig: Den Kindern beizubringen, ihre Bedürfnisse zu erkennen und zu äußern. Und das erreicht man am besten, in dem man sie selbst erkennt, benennt und berücksichtigt.
Danke!
Hallo May,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Du sprichst da zwei ganz wichtige Dinge an:
1. Wir Erwachsenen müssen uns manchmal von unseren Plänen verabschieden um allen Bedürfnissen gerecht zu werden und
2. Nur, wenn wir unsere Bedürfnisse äußern lernen auch unsere Kinder ihre Bedürfnisse zu benennen. Eine Fähigkeit, die ihnen ihr komplettes Leben lang helfen wird.
Danke für deine Ergänzungen.
Viele Grüße
Mama Maus
Liebe Mama Maus,
das sind wunderbare Tipps, die ich auf jeden Fall beherzigen werde. Vielen lieben Dank für diesen wundervollen Text.
Herzliche Grüße
Hallo Julie,
vielen Dank für deinen Kommentar.
Es freut mich sehr, wenn ich ein paar Anregungen geben kann.
Viele Grüße
Mama Maus
Ein toller Beitrag..es ist nicht immer leicht diesen Spagat zwischen Kindern, dem Partner und den eigenen Bedürfnissen hin zu bekommen. Danke für dein Aufzeigen hier
Hallo Sabrina,
vielen Dank. Ja, es ist nicht einfach und immer wieder eine neue Herausforderung. Ich bin froh, wenn ich Anregungen geben kann.
Viele Grüße
Mama Maus
Ein schöner Artikel, habe ihn direkt mal bei FB geteilt 🙂 Mit 3 Kindern in so unterschiedlichem Alter muss man sich zu helfen wissen 🙂 ich kämpfe da mit zweien auch schon oft… Liebe Grüße, Frida
PS. Wollte dich bei FB verlinken aber ich hab deine Seite nicht gefunden. In der Sidebar der Link führt zu einer Fehlermeldung.
Leider bin ich aktuell gesperrt, ich werde der Link solange entfernen. Danke für den Hinweis.
Hallo Frida,
Es sind sogar vier Kinder 😉 und ja, das ist mit zwei Kindern ähnlich wie mit vier Kindern. Weil unterschiedliche Bedürfnisse nicht nur von der Anzahl der Kinder sondern eben auch vom einzelnen Kind abhängig sind.
Ich hoffe meine Tipps sind eine kleine Anregung um entspannter und ohne schlechtes Gewissen durch den Tag zu kommen.
Viele Grüße
Mama Maus
Vielen Dank für diesen Beitrag! Ich selbst habe drei kleine Kinder und gerade heute, an dem zwei von drei Kids daheim waren (eins davon krank), fand ich es extrem schwer, besonders dem kranken Sandwichmädchen in ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Abends lag sie dann weinend im Bett, weil ich noch das Baby stillen musste, sie aber nicht alleine einschlafen wollte. Und der Große teilt seine „Eifersucht“ auf eher fordende Art und Weise mit, die einem auch mal zu viel werden kann. Aber Du hast Recht: Exklusivmomente schaffen mit jedem einzelnen Kind ist so wichtig, wenn auch nicht immer einfach realisierbar. Viele liebe Grüße! Claudia
Hallo Claudia,
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Manchmal ist es wirklich nicht einfach und man würde sich am liebsten Clonen um allen Kindern ihre Bedürfnisse gleichzeitig zu erfüllen.
Ich kann dir aber versichern, dass die Kinder je öfter ihre Bedürfnisse im Alltag gestillt werden auch mit kürzeren Verzögerungen in solchen Extremsituationen zurecht kommen.
Du tust dein Bestes und deine Kinder spüren das.
Viele Grüße
Mama Maus
Vielen Dank für diesen Artikel. Als alleinerziehende Mama von 3 Kindern (Grundschule, Kindergarten, Baby) stosse ich an meine Grenzen und habe abends immer das Gefühl, dass mindestens 1 Kind zu kurz kam. Ich werde deine Tipps umsetzen, vielen Dank dafür 🙂
Hallo Ingrid,
Du hast meinen tiefsten Respekt. Ich war nur unter der Woche, mit damals noch drei Kindern, alleine zuständig und das war schon verdammt anstrengend. Ich hatte aber weder finanziell noch bezüglich wichtiger Entscheidungen die alleinige Verantwortung.
Deshalb bin ich mir sicher, dass du das außergewöhnlich toll machst und wenn meine Tipps dir zu ein bisschen mehr Entspannung und Gelassenheit verhelfen, freut mich das umso mehr.
Viele Grüße
Mama Maus