Nur nicht weiter fördern! – Lesen lernen vor der Schule

Nur nicht weiter fördern! – Lesen lernen vor der Schule

Was würdet ihr tun?

Stell euch vor, euer Kind ist interessiert an Buchstaben und fragt euch wie dieser oder jener heißt. Was würdet ihr tun?

 

Eurem Kind antworten oder sagen, dafür bist du noch zu klein, das sage ich dir nicht?

 

Ganz klar, ihr würdet eurem Kind kindgerecht seine Frage beantworten. Unabhängig, ob es dabei um Buchstaben oder die Farbe des Balls im Kinderbuch geht.

 

Ich dachte, ich höre nicht recht

Mir wurde von einer Ärztin geraten genau das nicht zu tun. Ich sollte den Wissensdurst meiner Tochter unterbinden, damit sie sich in der Schule nicht langweilt.

 

In dem Moment war ich zu perplex um angemessen zu reagieren. Ich habe nichts gesagt und sie nur verwundert angeschaut.

 

Meine Tochter war zu dem Zeitpunkt 5 Jahre alt. Sie konnte bereits fließend lesen.

 

Es ging in meiner Frage an die Ärztin auch nicht um Buchstaben, sondern darum wie ich mit dieser Fähigkeit meiner Tochter angemessen umgehen kann.

Anstelle mir auf meine Frage zu antworten, wurde mir nahegelegt sie so gut es geht davon abzuhalten weitere Fähigkeiten, die in der Schule gelehrt werden, zu lernen.

 

Ich dachte ich höre nicht recht und gab meine Bemühungen Unterstützung zu erhalten schnell auf.

 

In was für einem System leben wir?

Was ist das für ein System in dem wir unsere Kinder künstlich klein halten sollen, damit sie ins System passen, anstelle dass sie individuell mit ihren Stärken und Schwächen akzeptiert und abgeholt werden.

 

Ich habe mich natürlich nicht an die Aufforderung gehalten. Wie auch?

 

Sollte ich alle unsere Bücher wegschließen, nichts mehr vorlesen und auch nicht mehr mit ihr gemeinsam kochen oder einkaufen gehen. Nur damit sie nicht auch noch beginnt zu rechnen?

 

Wie klappt es in der Schule

Diese Begebenheit ist jetzt mehr als ein Jahr her.

Mit zeitlichen Abstand kann ich endlich darüber schreiben, denn ich möchte euch gerne von unseren Erfahrungen berichten.

 

Ich bin immer noch der Meinung, dass wir nichts hätten anders machen können.

Unsere Tochter wollte lesen. Ganz unbemerkt übernahm sie es vom großen Bruder, der es auch bereits vor der Schule konnte. Sie hörte zu, wenn wir ihm seine Fragen zu Buchstaben beantworteten. Schnappte auf, wie er nach und nach immer mehr Buchstabenkombinationen zusammenzog. Nach ein paar Monaten konnte sie lesen. Wir waren sehr überrascht, weil wir den Lernfortschritt nicht wie bei ihrem Bruder mitbekommen hatten.

 

Mittlerweile ist unsere Tochter seit einem halben Jahr in der Schule.

Sie passte tatsächlich nicht ins System und hat nach vier Wochen eine Klasse übersprungen, aber es war gut so.

In der neuen Klasse fühlt sie sich wohl. Sie kommt gut mit und fühlt sich gefordert.
Ich bin froh, dass wir einfach auf die Bedürfnisse unserer Tochter gehört haben und würde es jederzeit wieder so machen.

Tipps für Eltern

Falls ihr vor der gleichen Frage steht, möchte ich euch gerne noch ein paar Tipps geben.

 

Konzentriert euch auf eure Kinder!

Als Eltern sollten wir immer hinter unseren Kindern stehen. Dazu gehört auch ihren Wissensdurst zu stillen. Dabei sollten wir uns nicht auf das System konzentrieren sondern einzig und alleine auf unsere Kinder.

Stillt ihren Wissensdurst!

Wenn eure Kinder an Buchstaben oder Zahlen interessiert sind, dann gebt ihnen die Möglichkeit sie zu entdecken. Nutzt den Wissensdurst, wer weiß, wie lange er anhält. Ein Kind, dass erfährt, dass seine Fragen nicht wichtig sind, wird vielleicht nie wieder Spaß am Lernen haben.

Eure Kinder geben das Tempo vor!

Seid nicht enttäuscht, wenn sich die Interessen schnell wieder ändern und eure Kind nach zehn gelernten Buchstaben doch lieber wieder Sandkuchen backen möchten. Die Dinge, die sie gelernt haben, geben ihnen Selbstvertrauen.
Und im Hinblick auf das Lesen. Kein Kind muss vor der Schule lesen können. Behaltet das immer im Hinterkopf.

 

Zusammenfassend möchte ich euch bitten, lasst euch nicht von Außenstehenden verunsichern. Eure Kinder können euch sehr gut zeigen, was sie lernen möchten und wann.
Solange sie noch nicht in der Schule sind, müssen sie nicht. Sie müssen nicht lernen, sie müssen nicht üben und sie müssen nicht Lesen können und das ist wichtig – diese Freiwilligkeit. Baut auf keinen Fall Druck auf, der kommt in der Schule früh genug auf eure Kinder zu.
 Euer Kind will Lesen lernen vor der Schule? Was solltet ihr als Eltern beachten


20 thoughts on “Nur nicht weiter fördern! – Lesen lernen vor der Schule”

  • Toll geschrieben, denke man sollte auf das Kind eingehen und wenn es ja eine Klasse überspringen konnte fand ich das von der Schule auch toll…wäre bei einigen anderen eventuell nicht so gewesen und sie hätte sich dann wirklich nur gelangweilt

    • Hallo Sabrina,

      Vielen Dank.
      Bei uns in Thüringen ist es im Schulgesetz explizit vorgesehen, dass Kinder die 1 und 2 Klasse in 1, 2 oder 3 Jahren durchlaufen. Allerdings wird das an der hiesigen Grundschule eigentlich nur genutzt um Kindern ein zusätzliches Jahr zu ermöglichen. Knapp 15% der Kinder „wiederholen“ eine Klasse. In der gleichen Zeit haben erst 3 Kinder eine Klasse übersprungen (weniger als 1%), unsere beiden sind mitgezählt.
      Die Schule war auch sehr zurückhaltend. Nachdem es beim Kuschelbär jedoch gut klappte, ging es bei der Kaisermotte recht zügig.

      Viele Grüße
      Mama Maus

    • Hallo,

      Ja, sein Kind mit seinen individuellen Interessen zu sehen und diese zu fördern sollte unser Bestreben sein. Bei einem Kind ist es das Zeichnen, beim anderen das Klettern und beim anderen eben das Lesen.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Ich finde es kritisch Kindern aktiv lesen beizubringen oder das zu fördern.
    Schon allein weil andere Kinder in derselben Klasse (die noch nicht lesen können) ziemliche Probleme bekommen können. Unsicherheit (wieso können es alle nur ich nicht?), Angst vorzulesen weil alle anderen bessern sind, etc.

    Man kann es nicht verhindern dass es Kinder gibt die sich das lesen selber beibringen. Aber es gibt immer wieder Eltern die aktiv den Kindern alles beibringen. Mutwillig! Fördern ja! Aber das kann ich auch anders nicht nur mit rechnen, lesen beibringen etc.

    • Hallo Rapunzel,

      Ich habe an der Stelle eine etwas andere Meinung. Wenn mich mein Kind interessiert fragt, dann beantworte ich seine Fragen und helfe ihm auch dabei Dinge zu verstehen. Wenn das darin mündet, dass es Lesen lernt, dann ist das so.

      Ich kann und will an der Stelle keine falsche Rücksicht auf andere Kinder nehmen. In der Schule treffen so viele individuelle Typen aufeinander, die einen können schon lesen, die anderen mit Zahlen bis 1000 rechnen, die nächsten können bereits Noten lesen und wieder andere haben ein besonders großes Wissen im Bereich Heimat- und Sachkunde. Das ist nun mal so und damit müssen die Kinder umzugehen lernen. Es wird niemals so sein, dass ein Kind bei allem der Beste ist. Das gehört zum Leben dazu.

      Wenn ich mein Kind bremse, nur um vermeintlich anderen Kindern den Schulstart zu erleichtern, schaffe ich damit nichts außer Frust bei meinem Kind, weil es immer Kinder geben wird die besser sind als andere, das kann ich nicht verhindern.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Unser Großer brachte sich mit 4,5 das Lesen selbst bei. Er bekam auf Fragen -was steht denn da- eine Antwort. Mehr nicht. Die Lehrerin konnte nicht damit umgehen. Im Gespräch kam die Aussage, das sei ja häufig bei intelligenten Kindern, die nicht genug Ansprache erhielten…😳 Zu diesem Zeitpunkt kam zuhause schon kein anderer mehr zu Wort😂
    Ende der ersten Klasse wollte mein Sohn da nicht mehr hin und sagte, sein Leben sei vorbei, seit er in die Schule gehe…
    Ein außerplanmäßiger Lehrerwechsel und es ist nicht alles gut, aber es läuft.

    Wenn die Kids lesen lernen wollen, ist es nicht zu verhindern. Aber ihre Frustrationstoleranz wird dann schon arg beansprucht, wenn es bei den anderen noch etwas dauert. Mit einer guten Lehrerin sollte das aber machbar sein. Ich verstehe bis heute nicht, warum er in der ersten Klasse nicht einfach ein Buch lesen durfte, wenn die anderen üben. Dann hätte er nicht gestört und selbst auch geübt. Es war aber nur Gleichmacherei angesagt…

    • Hallo,

      Vielen Dank für deinen Kommentar.

      Schlimm, was dein Sohn da mitgemacht hat und schön, dass es jetzt viel besser ist.

      Bei uns war die Frustration auch sehr groß und wäre wie bei euch bestimmt nicht entstanden, wenn dem Kind Bonusmaterial oder eben das Lesen eines Buchs erlaubt worden wäre.

      Ich denke viele Lehrer sind mit der Situation schlichtweg überfordert – vor allem von der zur Verfügung stehenden Zeit her. Die Klassen sind so gemischt aufgestellt, dass nicht auf jeden Schüler eingegangen werden kann. Das ist wirklich traurig und führt leider bei vielen Schülern, die nicht „der Norm entsprechen“, zu Frust. Ich denke hier ist es an den Schulen bessere Bedingungen für alle zu schaffen.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Aus aktuellem Anlass beschäftige ich mich gerade mit dem Thema Hochbegabung, früher einschulen, Klassen überspringen.

    Und möchte darum an dieser Stelle den deutschen Verein für Hochbegabte Kinder empfehlen – die mir für all meine Fragen offen zur Seite standen und vermutlich/hoffentlich auch in Zukunft zur Seite stehen werden.
    Vor allem wichtig in diesem Zusammenhang: der Verein spricht nicht nur die Hochbegabten mit IQ 130+, sondern alle mit IQ 116+ (also über Durchschnitt) an.
    Ich bin (noch) kein Vereinsmitglied und habe nichts davon, wenn ihr Kontakt aufnehmt und/oder Mitglied werdet – ich weiß bislang lediglich die gute Arbeit zu schätzen und empfehle daher weiter.

    • Hallo Tina,

      Den Verein kenne ich und ich hatte auch bereits Kontakt. Leider gibt es bei uns keine Gruppe und mehr als 200 km zu einem Treffen zu fahren kommt leider nicht in Frage.

      Trotzdem danke für deinen Tipp.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Hallo! Per WIB bin ich zum Glück auf Dein tolles Blog gestoßen! Diesen Beitrag fand ich ganz besonders toll, gerade auch weil uns das Tema ebenfalls beschäftigt. Unser Sohn hat schon länger ein großes Interesse für Zahlen und kann mit noch nicht ganz Fünf schon einiges rechnen und hat einen großen Drang, mehr über Zahlen zu wissen. Wir halten es genau wie Du und ich habe auch schon Rückmeldungen erhalten im Sinn von nicht fördern, obwohl ich überzeugt bin, dass er Anregung braucht! Toll, dass es bei euch so gut geklappt hat mit der Schule! Und danke für die hilfreichen Tipps!

    • Hallo Mariana,

      Vielen dank für das große Lob. Ich freue mich sehr, dass du meinen Blog gefunden hast und ich dir ein paar Anregungen geben konnte.

      Lasst euch nicht beirren und beantwortet eurem Sohn alle seine Fragen, ihr macht das genau richtig.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Habe gerade deinen interessanten Blog entdeckt.
    Unsere Älteste begann mit 6 Monaten aufzustehen.. Mir war das viel zu früh und ich sprach es bei der Kinderärztin an.Sie meinte auch, das sei zu früh, ich solle sie bremsen. Auf meine Frage wie ich das machen solle, antwortete sie:“Alles aus dem Weg räumen, an dem sie sich hochziehen kann!“ Ich erwiderte:“Sie zieht sich an mir hoch und am Türrahmen!“ Ihre Antwort::“Dann können Sie nichts machen!“
    So ist das wohl auch mit dem selbständig früh lesen oder rechnen lernen. Solange die Initiative vom Kind ausgeht, ist nichts einzuwenden.

    LG

    Cornelia

    • Hallo Cornelia,

      vielen Dank.

      Ein toller Vergleich.
      Bei den Bestrebungen zum Laufen habe ich gelernt, alles was die Kinder selbst tun (ohne Hilfe) ist in Ordnung, weil sie selbst merken wie weit sie gehen können.
      Schade, dass das in anderen Bereichen nicht genauso gesehen wird.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Hallo, auch unsere Tochter war sehr früh dran und hat vor der Schule Lesen gelernt. Ich glaube nicht, dass sie sich in der Schule besonders langweilt. Auch wenn es wahr ist, dass sie voraus ist und sehr gute Ergebnisse erzielt. Mit 7 Jahren liest sie viele Bücher und hat Abo von zwei Wissenschaftsmagazine für Kinder.

    • Hallo Hans,

      das freut mich sehr für eure Tochter und ich wünsche ihr, dass sie sich diesen Wissensdrang erhält.

      Bei uns war es leider so, dass unsere Kinder in der Schule nicht so gut abgeholt werden konnten und sich deshalb wirklich etwas gelangweilt haben. Das konnten wir aber zum Glück beheben.

      Viele Grüße
      Mama Maus

  • Hier mal nicht die Perspektive eines Elternteils, sondern eines Kindes, dass vor der Schule lesen konnte. Ich habe mir das Lesen im Alter von 4-5 Jahren selbst beigebracht. Außer dadurch, mir Bücher vorzulesen, haben meine Eltern es in keinster Weise darauf angelegt, mir lesen beizubringen. Tatsächlich hat meine Mutter auf die Frage, weshalb ich denn schon lesen könne, immer etwas peinlich berührt geantwortet, sie habe auch keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich eines Tages im Laufstall meiner kleinen Schwester saß und ihr meine alten Bilderbücher vorlas. Meine Eltern dachten erst, ich könnte die Bücher einfach auswendig, doch als wir in die Stadt fuhren, begann ich plötzlich, diverse Straßenschilder vorzulesen, wodurch deutlich wurde, dass ich tatsächlich lesen konnte. Ich habe häufig solche Vorurteile gehört, wie, dass ich mich in der Schule nur langweilen würde, dass es andere Kinder frustrieren würde, oder gar, dass Kinder, die so früh lesen lernten, es später verlernten, weil sie zu Anfang ihrer Schullaufbahn nicht vernünftig gefördert wurden (oder so ähnlich, ganz habe ich diese Argumentation nie verstanden). Alles Schwachsinn. Zumindest, wenn man gute Grundschullehrer hat. Es gab in meiner ersten Klasse außer mir noch ein Mädchen, das schon lesen konnte. Und während die Lehrerin es den anderen Kindern beibrachte, bekamen wir beide kurze Geschichten zu lesen und durften auch hinterher, während die anderen Kinder Arbeitsblätter bekamen (logischerweise sehr viel leichtere als wir), mit ihr besprechen, was wir gelesen hatten. Was die zweite Befürchtung angeht, sind Kinder da wesentlich entspannter als Erwachsene. Denn weder Romina und mich noch die anderen Kinder störte die Tatsache, dass wir beide eine Weile schwierigere Hausaufgaben bekamen als der Rest. Es war ganz einfach eben so und sie waren ja gerade dabei, es auch zu lernen. Mich störte es schließlich auch nicht, dass manche von den anderen zehn Matheaufgaben in einer Stunde schafften, während ich noch an der ersten rumkaute. Ich war eben besser im Lesen, als in Mathe. Bei anderen war es eben andersherum. Wieder andere waren super im Sport oder malten viel besser als ich. Eltern machen da oft ein sehr viel größeres Drama draus, als die Kinder. Übrigens bin ich heute fast zwanzig Jahre alt und lese noch immer gern und viel, so viel zu dem letzten Argument. Man muss seinen Kindern nicht krampfhaft vor der Schule lesen beibringen, aber wenn sie es eben selbst lernen, ist das etwas positives, nicht etwas negatives. Es liegt an den Lehrern, solche Kinder mit zu fördern, nicht an den Kindern, ihren Wissensdurst zu unterdrücken.

  • Vielen lieben Dank für diesen sehr interessanten Beitrag. Mich beschäftigt das Thema auch gerade sehr. Mein Sohn hat sich mit 4 Jahren das Lesen – komplett selbständig – beigebracht und liest sehr flüssig. Auch beherrscht er alle Grundrechenarten und rechnet mit großen Zahlen. Ich habe darauf schon mehrfach negative Reaktionen bekommen. Ich mache mir Sorgen, ob dies Probleme in der 1. Klasse mit sich bringen könnte. Sollte man den Klassenlehrer eventuell im Vorfeld darauf ansprechen? In 2 Wochen ist die Schuleingangsuntersuchung, sollte man dies dort ansprechen? Habt Ihr Tipps für mich? Liebe Grüße, Jana

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